Thun-Web... was ist das?

Initiator Peter Thun spricht über die Idee des Thun-Web.

Das Thun-Web

Ein wissenschaftliches Projekt des Institutes für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie an der Leopold-Franzens Universität Innsbruck

Die neuen Medien eröffnen auch für die Geschichtswissenschaft neue Perspektiven: zukunftsorientiert kann die Vergangenheit aufbereitet und einem breiteren Interessentenkreis zugänglich gemacht werden.
Insbesondere die Genealogie, die Familiengeschichtsforschung, gewinnt durch die neuen digitalen Möglichkeiten, sei es in der Darstellung umfangreicher Stammbäume als auch durch den im Internet ermöglichten Austausch. Das Internet erleichtert zudem die Archivierung und Zusammenführung verschiedenster Arten von Informationen und Quellen. Es können heutzutage historische Quellen online archiviert, Bildquellen für einen Vergleich hinzufügt und durch den Aufbau einer Community verschiedenste Bemerkungen oder Interpretationen gelesen – oder selbst gepostet werden!

Adelsfamilien zählen durch ihre fortwährende und öffentliche Präsenz in der Geschichte und ihre meist umfangreiche Überlieferung und Traditionswahrung zu bedeutenden Kulturträgern. Sie sind ein wichtiger Gradmesser für die verschiedenen Entwicklungen von der ständisch gegliederten Gesellschaft des Ancien Régime hin zu den demokratisch-egalitäreren Gesellschaften des 19. und 20. Jahrhunderts.
Die Geschichte einer Adelsfamilie konnte bisher nur in Bibliotheken und Archiven recherchiert werden und war somit für viele schwer zugänglich. Die neuen Medien jedoch ermöglichen eine Integration einer über 800jährigen Geschichte wie die der Familie Thun auf einer Internetseite, womit nicht nur ein geschichtswissenschaftlicher Multiplikator, sondern auch eine leichtere Zugang gegeben ist.

Die Familie Thun übte nicht nur auf den tirolischen und böhmischen Raum, in dem sie angesiedelt war, wesentlichen Einfluss aus, sondern konnte sich insbesondere in der österreichischen Monarchie, etwa der Kaiserstadt Wien oder dem Land Salzburg, zu einem der bedeutendsten Adelsgeschlechter im ehemaligen Alten Reich und in der Habsburgermonarchie etablieren.

Im Rahmen des Projektes der Universität Innsbruck (Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie) wurden genealogische und familiengeschichtliche Quellen zur Geschichte des Adelsgeschlechts der Thun gesammelt und auf dieser Internetseite zur Verfügung gestellt. Beiträge zu den verschiedensten Themen der Familiengeschichte und Biographien von Persönlichkeiten wurden auf wissenschaftlicher Basis verfasst und in einem Online-Lexikon zusammengetragen. Der recherchierte Stammbaum der Familie Thun ist mit dem Lexikon verbunden und somit in den wissenschaftlichen Kontext eingebunden.
[MT]

von Thun Warimbert I. (1201-1256)

Warimbert I. Thun (*um 1200 † vor 1256), auch Warimbert de Novesino, senior familiae, prägte die Geschichte der Familie Thun in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.

Familie

Warimbert Vater Manfredinus wird heute oftmals als Stammvater der Thunfamilie angesehen wird, da ab ihm eine lückenlose Stammesfolge (Filiation) möglich ist. Wer Warimberts Mutter war, ist nicht bekannt.

Warimbert, der vermutlich einige Zeit das Familienoberhaupt (senior familiae) war, war mit Sicherheit ebenfalls verheiratet , jedoch ist auch hier der Name der Frau nicht bekannt. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor, der älteste Sohn war Heinrich bzw. Henricus . Dieser war es, der das Fortleben der Familie Thun sichern konnte, da sein Sohn Warimbert II. den Stamm mit einer großen Anzahl von Söhnen weiterführte. Er war mit einer Erbtochter von Schloss Vision verheiratet.

Ulrich , Warimberts zweiter Sohn, war mit Sofia von Firmian verheiratet , aus der Ehe stammt dessen einziger Sohn Otto , der jedoch kinderlos blieb.

 

Leben

Für diese Zeit ist eine umfassende Biographie nicht möglich. Allerdings können durch verschiedenste Urkunden und Dokumente einige Stationen aus Warimberts Leben herausgefiltert werden, da sich gerade bei ihm die Quellenlage deutlich verdichtet.

Warimbert fungierte 1205 neben anderen als Zeuge bei der Vereinbarung, welche die Domherren, der Vogt und die Vasallen des Bistums Trient nach Abdankung des Bischofs Konrad von Beseno für die Zeit bis zur Wahl des neuen Bischofs trafen.[1] Die Bischöfe jener Zeit vereinten in ihrer Stellung kirchliche und fast noch mehr weltliche Macht, verschiedene Familien boten deshalb ihre Dienste dem Bischof an und wurden deshalb mit Lehen belohnt. Warimbert war ein Vasall des Bischofs von Trient, er war für militärische und diplomatische Belange dem Bischof verpflichtet und erhielt von ihm Lehen, welche mit Abgaben verbunden waren. Wir treffen Warimbert wieder im Jahr 1212, am 11. März, als Zeugen bei der Belehnung des Ulrich von Nomi mit einem Mühlbaurecht an der Etsch bei Nomi[2], 1215 bei der Belehnung eines Albertus, Sohnes weiland des Lanfrancus Teste von Brescia[3], 1220 bei einer Urkunde von Bischof Albert, wo jeder, der ein feudum de colonello besitzt, aufgerufen wurde, am Romzug Friedrich II. für jeden colonellus je einen Ritter zu stellen.[4]

Eine solche Häufigkeit als Zeuge bei Urkunden lässt bereits auf einen gewissen Einfluss schließen, den Warimbert bzw. die Familie Thun am Beginn des 13. Jahrhunderts innehatten. Im August des Jahres 1242 erscheint Warimbert wieder in einer Urkunde – dieses Mal nicht als Zeuge, sondern als Empfänger der Aussteuer der zukünftigen Frau seines Sohnes Ulrich, Sofia von Firmian, Erbtochter der Familie von Firmian.[5]

Ihre Eltern konnten keine männlichen Nachkommen hervorbringen, weshalb der Besitz der Firmians später an die Familie Thun ging.

Nach dieser Heirat verlieren sich Warimberts Spuren, jedoch kann man mit Sicherheit feststellen, dass er im Jahr 1256 bereits tot war, da seine Söhne in einer Urkunde vom 13. März bereits als „weiland“ (quondam) aufscheinen.

Warimbert prägt die Familiengeschichte der Thun in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts merklich und wird deshalb oft als Stammvater der Familie angesehen, denn obwohl an der Spitze der Stammbäume meist Manfredinus gesetzt wurde, kann man erst seit Warimbert und dessen Nachfahren eine detailliertere Geschichte der Familie rekonstruieren und eine gesicherte Filiation feststellen. In dem Werk „Kirche des heiligen Vigilius“ von Casimir Schnitzer[6] steht deshalb: „Um diese Zeit stand unter den vielen Landes-Edlen Gualbert [7] von Thun als ein ausgezeichnet tapferer Ritter in besonderem Ansehen.“ Der Autor beruft sich auf Bonelli[8] und meinte damit mit großer Warscheinlichkeit besagten Warimbert I.[9] [MT]

[1] Domkapitel Trient, Abschrift im Ferdinandeum Innsbruck, Dipauliana, Fol. 63, 1717.
[2] Urkunde von 11. März 1212 in Riva, abgedruckt bei Rudolf Kink, Codex Wangianus. Urkundenbuch des Hochstiftes Trient (Fontes Rerum Austriacum 2,5), Wien 1825 (photografischer Nachdruck), S. 243.
[3] Vgl. Edmund Langer, Mittelalterliche Hausgeschichte der edlen Familie Thun. 1.Abteilung: Die Anfänge der Geschichte der Familie Thun, Tetschen 1904, S. 7.
[4] Vgl. Langer, Mittelalterliche Hausgeschichte der edlen Familie Thun. 1.Abteilung: Die Anfänge der Geschichte der Familie Thun, Tetschen 1904, S. 7.
[5] Eine Kopie dieser Urkunde findet sich in Dr. Legis Glückselig, Diplomatarium Ill.mae domus S. R. I. Comutum de Thun Hohenstein inde ab anno 1145 usque af a. 1398 – quod congessit Viennae, Salisburgi et Oeniponti e tabulariis et codicibus M. S. 1864/65, vgl. Langer, Mittelalterliche Hausgeschichte, S. 8; Giuseppe Pinamonti, Memorie intorno la famiglia de’ Signori di Tono ora conti di Thunn, Milano 1839, S. 85; Benedetto Bonelli, Notizie istorico-critiche della chiesa di Trento III, Trento 1760, S. 346. Die Originalurkunde ist nicht mehr erhalten, doch vermutlich haben all diese Autoren den Hinweis von Pater Justinian Ladurner, der
[6] Casimir Schnitzer, Die Kirche des heiligen Vigilius und ihre hirten, das ist: Kurze Geschichte des Bisthums und der Bischöfe von Trient, Bozen 1825, S. 86.
[7] Gualbert ist vermutlich eine abgewandelte Form des Namens Warimbert, Anm. d. A.
[8] Benedetto Bonelli, Notizie istorico-critiche della chiesa di Trento, Trento 1760.
[9] Langer merkt allerdings an, dass es sich dabei auch um den einige Jahrzehnte früher lebenden Albertinus handeln könnte, vgl. Langer, Mittelalterliche Hausgeschichte, S. 8.