Die Familie Thun konnte im Laufe der Jahrhunderte nicht nur ihr Prestige sowie ihre Macht ausbauen, was die Entwicklung zu einem der angesehensten österreichischen Adelsgeschlechter begünstigte und förderte, sondern es gelang ihr auch, den Familienbesitz, sei es durch geschickte Heiratspolitik oder mittels wichtiger Belehnungen, stets zu erweitern und zu vergrößern. So fielen ab dem 14. Jahrhundert Castel Bragher [1] mit seinen Ländereien sowie die Güter der erloschenen Altaguarda [2] in den Besitz der Thun. 1464 wurde das Erbe der Caldes [3] (Castel Caldes, die Rocca di Samoclevo, eine Hälfte von Castel Cagnò, Castel Mocenigo, Castel Rumo, Castel S. Ippolito) mittels Schenkungsurkunde des Pretel III. [4] an die von Thun überschrieben. Auch die Gerichtsbarkeit über Castelfondo, das seit 1471 zum Pfandlehen [5] der Thun zählte, sowie bischöfliche Gerichtsbarkeiten (Masi di Vigo, Tuenetto und Rabbi) kamen nun endgültig zum Thun’schen Besitz. Im 15. Jahrhundert teilten sich die Thun die Pflege der Burg Königsberg [6] mit anderen Adelsfamilien und konnten diese 1509 schlussendlich für sich beanspruchen. [7]
Lange Zeit gelang es den Thun, ihren Familienbesitz als Einheit zusammenzuhalten, jedoch existierten im 13. Jahrhundert erstmals zwei Linien parallel nebeneinander. Die Söhne Heinrichs von Thun wurden zu Stiftern einer „echten“ und einer „unechten Linie“ [8] des Hauses Thun.
Die Söhne Warimberts II. , Belvesinus und Berthold II. begründeten je einen Ast, die jedoch Mitte des 15. Jahrhunderts aufgrund fehlender Nachkommen erloschen. Einzig durch Warimberts II. Sohn Simeon II. , der Vater von sechs Kindern war, blieb die Familie Thun vor dem Aussterben verschont, die Geschlechterfolge wurde fortgesetzt und es gab eine gesetzte Ahnenreihe, die sich über Sigismund und Jakob bis hinauf zu Anton II. Maria von Thun , genannt „Potens“, erstreckte. [9]
Im 16. Jahrhundert entschlossen sich die Söhne [10] Anton II. den Besitz der Familie untereinander aufzuteilen. In seiner Eigenschaft als Senior Familiae nahm Sigmund Mitte des 16. Jahrhunderts eine Aufteilung der Güter in drei Teile vor. Dieser Aufteilungsprozess des Familienbesitzes erwies sich als langwierig und schwierig. Erst aus der Urkunde vom 9. April 1596 [11], die mit den Unterschriften von Philipp von Thun , Sigmund von Thun , Herkules von Thun und Johann Arbogast von Thun versehen wurde, geht das Nebeneinader der drei Linien Castel Thun, Castel Caldes und Castel Bragher definitiv hervor.
Die Unterschriften der Linienvertreter
Demnach sah die Linienstruktur der Thun wie folgt aus:
Nach dem Tod Sigmunds [12], der bereits seinem Vater Johann Cyprian nachfolgte, teilte sich die letztgenannte Linie unter dessen Söhnen erneut:
Johann Cyprian erhielt Castelfondo, welches er alsbald verließ, um in Böhmen den böhmischen Ast zu begründen. Somit wurde Castelfondo an dessen Großneffe vierten Grades, Josef Innozenz , weitergegeben. Sigmunds zweiter Sohn Georg Sigmund , der gleichzeitig als Begründer des Südtiroler Astes gilt, bekam Castel Bragher. Der dritte Sohn, Christoph Simon , erbte kein Schloss, wurde allerdings 1628 mit der Grafschaft Hohenstein belehnt und erhielt zudem den dazugehörigen Adelstitel, welcher ab 1629 auf alle Familienmitglieder der Thun übertragen wurde. [13]
Somit gab es seit dem Jahr 1629 und der Verleihung des Reichsgrafentitels zwei gräfliche Linien der Familie (seit 1629) Thun-Hohenstein in Südtirol sowie eine in Böhmen. Die Linie Castel Caldes ist jedoch nach 37 Jahren im Jahr 1633 wieder erloschen, da es keine männlichen Erben mehr gab.
Zudem kam es unter der Nachkommenschaft der Familie Thun-Hohenstein der Linie Castel Bragher zu weiteren Verzweigungen, sowohl in Südtirol:
als auch in Böhmen:
Seit der Verleihung des Fürstentitels an Franz de Paula Josef Friedrich am 19. Juli 1911 durch Kaiser Franz Joseph I. existiert neben dem gräflichen Haus zudem das fürstliche Haus.
Heute ist die Familie folgendermaßen aufgeteilt:
Linie | Begründer | Ein heutiger Vertreter |
Castel Thun | Lukas Thun | Matthäus Thun-Hohenstein |
Castel Bragher | (Johann) Cyprian | |
böhmischer Ast | Johann Cyprian | |
1. Zweig: Klösterle | Franz Josef Johann | Ferdinand Thun-Hohenstein |
2. Zweig: Tetschen | Wenzel Josef | |
1. (gräfliches) Haus | Franz de Paula Philipp | Georg Thun-Hohenstein |
2. (fürstliches) Haus | Franz de Paula Josef Friedrich | Thomas Thun-Hohenstein |
3. Zweig: Choltitz | Johann Nepomuk Josef Adalbert | |
1. Haus | Theodor Karl Johann Nepomuk Nikolaus Maximilian | |
2. Haus | Franz Josef Johann Nikolaus Innozenz | Peter Constantin Thun-Hohenstein |
4. Zweig: Ronsperg-Benatek | Anton de Paula Josef Adalbert | Romedius Thun-Hohenstein |
südtiroler Ast | Georg Sigmund | |
1. Zweig: Castelfondo | Josef Innozenz | Ulrich Thun-Hohenstein |
2. Zweig: Castel Bragher | Arbogast Amadeus Pius | Georg Thun-Hohenstein-Welsperg |
3. Zweig: 2. Caldes | Georg Vigil | erloschen 1748 |
4. Zweig: letzte Caldes | Christoph Anton Simon | erloschen 1850 |
5. Zweig: Croviana | Karl Cyprian | erloschen 1743 |
Castel Caldes | Jakob | erloschen 1633 |
(illegitim) THUN-PHILIPPIN | Simeon I. | erloschen am Ende des 18. Jahrhunderts |
[DL]
Ausserer, Carl Der Adel des Nonsberges. Mit 72 Abbildungen von Schlössern, Wappen und Siegeln. In: Jahrbuch der k.k. heraldischen Gesellschaft Adler, H. 9, Wien 1899, S. 13–241.
Genealogisches Handbuch der gräflichen Häuser, Glücksburg 1955, S.443-469.
Genealogisches Taschenbuch der deutschen gräflichen Häuser auf das Jahr 1845, Gotha 1845, S. 605-609.
Langer, Edmund, Mittelalterliche Hausgeschichte der edlen Familie Thun, hrsg. von Rich, Richard, Heft 6, Wien 19