Die Anfänge der Familie Thun

Die Ursprünge der Familie Thun

Der Ursprung der Familie Thun (erst ab 1628 Thun-Hohenstein) ist bis heute noch nicht gänzlich geklärt und durch die bereits gründlich untersuchten Quellen in den Standardwerken zur Familiengeschichte  [1] und der eher dürftigen Quellenlage im 11. und 12. Jahrhundert, ist auch in Zukunft kaum eine zufriedenstellende Antwort zu erwarten. Lediglich kann, insofern die Geschichte der Familie in den größeren geschichtlichen sprich regionalen aber auch überregionalen Kontext gestellt wird, eine Annäherung stattfinden.

Der Herkunftsort der Familie Thun ist, fernab von Ursprungslegenden und diversen Theorien, im Nonstal im heutigen Trentino zu suchen. Die Familie Thun trittt in der heutigen Überlieferung in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts dort auf, wo sich am Eingang des Tales auf der rechten Seite flussaufwärts des Noce der Engpass Rocchetta (ehemals Puntelpeyn oder Ponte alpino [2]) mit einer Anhöhe befindet. Diese Gegend bildete früher die Pfarre Ton, zusammengesetzt aus den kleinen Dörfern Vigo [3], Novesino (heute Masi Nosin), Toss und einige andere. Ein Dorf, das Tono hieß, gab es wohl nicht. Pinamonti [4] schreibt, er selbst habe noch eine Urkunde in Händen gehalten, wo eine plebs Toni im Jahre 1145 vorkam, leider ist dieses Dokument heute nicht mehr erhalten. Jedoch wird heute noch die Pfarre in Vigo „Ton“ genannt, welche ab immemorabili (zu unbekannter Zeit) entstand.

Auf der Anhöhe, auf der die Familie Thun erstmals ihren Stammsitz hatte, steht heute noch die Kapelle S. Margherita, welche die Thuns, als sie ihre Residenz zum Hügel nähe Vigo, dort wo heute Castel Thun thront, verlegte, erbauen ließ. Flur-, Straßen- und Ortsnamen erinnern jedoch noch an die Zeit, als die Anhöhe am Eingang des weiten Nonstales Sitz der Familie war. [5]

Namensentwicklung [6]

Woher der Name „Tono“ stammt, ist ebenfalls ungewiss. Es gibt in den diversen Zeugnissen Namensformen wie Tunno, Tonno, Thunne, Tunn. Erst im Laufe des 14. Jahrhunderts bürgerte sich die „deutsche Form“ von Tono „Thunn“ ein, eine Abwandlung, welche sich durch die Kontakte zu den deutschsprachigen Gebieten und die Ausbreitung der Familie vor allem im mitteleuropäischen Raum zu „Thunn“ erklärt. Durchgesetzt hat sich der Name „Thun“ dann ab dem Jahre 1407 mit dem Eintritt von fünf Familienmitgliedern in den Elephantenbund. [7] Die Nonsberger jedoch benennen die Familie heute noch „Ton“.[8]

Weitere Anknüpfungspunkte an das Problem der Herkunft des Namens bzw. der Familie selbst finden sich in den Aufzeichnungen aus dem 12. Jahrhundert zum bekannten Tonalepass, welcher ja dieselbe Wortwurzel enthält. Dieser soll bereits 1127 bei der Schenkung des Hospizes S. Bartolomeo am Tonalepass erwähnt worden sein [9], also vor der ersten überlieferten Erwähnung des Familienmitgliedes Bertoldus de Tonno aus dem Jahre 1145, was belegt, dass der Name „Ton“ schon vorher in der Gegend des Nonstales und des Val di Soles verbreitet war. Der Pass, welcher im Mittelalter als wichtiger Übergang für den Handel fungierte [10] befand sich nicht in unmittelbarer Nähe des Sitzes der Familie an der Rocchetta. Auch war es im Mittelalter für Personen üblich, sich nach dem Wohnort zu benennen und nicht umgekehrt. [11]

Auch jene Vermutungen, die Familie Thun würde von den Schweizer Thuns und der Stadt Thun abstammen [12], werden durch eine etymologisch-historische Analyse relativiert. Die Stadt Thun am Thunersee schien erstmals um 700 als „lacum Dunensis“ [13] auf. Der Name wird hier vom keltischen Wort „dunum“ für Befestigunsanlage bzw. Palisadenwerk abgeleitet. Die Wortwurzel ist bei der Familie Thun eine andere, nämlich „Ton“. Dass das Wappen der Stadt dem Urwappen der Thuns sehr ähnelt ist auch kein Argument: die heraldischen Darstellungsmöglichkeiten im Mittelalter waren begrenzt und können so zu vielen Überschneidungen führen.

Die Herkunft der Familie Thun aus dem Nonstal ist demnach nicht zu bestreiten. Bei den Überlegungen allerdings, ob, wann und wodurch die Familie in das Nonstal gelangte, bleibt viel Platz für Mutmaßungen. Am ehesten stammt das Adelsgeschlecht jedoch von der im Nonstal ansässigen romanisierten langobardischen Bevölkerung ab und hatte sich mit der Zeit zu einer angesehenen Familie entwickelt. Als das Bistum Trient im Jahre 1027 durch Kaiser Konrad II. zu einer Grafschaft wurde, stellte sich die Familie zuerst in den Dienst von Adeligen, später dann in den des Bischofs (Ministeriale). So konnten sie durch geschickte Diplomatie und wichtigen Belehnungen ihre Macht weiter ausbauen. [14]

Die ersten Familienvertreter

Der Prager Prämonstratenserpater Armando Friedenfels führt in seinem Werk zur Familie Thun-Hohenstein einen Albertinus de Tono an, welcher im Jahre 1050 bereits als angesehener Mann in der Gegend von Trient gelebt haben soll und lange Zeit an die Spitze Thun’scher Stammbäume gesetzt wurde. [15] Allerdings bemüht sich der Autor in diesem Werk nicht um historische Genauigkeit, sondern vielmehr um eine Lobhymne auf die Familie Thun und seinen persönlichen Gönner Romedio von Thun . Der Name Albertinus kommt zwar später immer wieder in der Familie vor, jedoch ist dies kein zwingender Beweis für eine Verwandtschaft.

Eine erste belegte Erwähnung eines Mitglieds der Familie Thun findet sich in der Stiftungsurkunde des Klosters St. Michael an der Etsch aus dem Jahre 1145 [16], in der ein Bertoldus de Tunno als Zeuge der Stiftung genannt wird. Bertoldus tritt noch einmal im Jahre 1155 als Zeuge bei einer Urkunde des Bischofs Eberhard von Trient (1154-1156) in Riva auf. [17] Ob der Name „de Tonno“ als Familienhinweis galt, oder als bloße Angabe des Herkunftortes, lässt sich heute nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, auf diese Problematik stößt man in der genalogischen Forschung immer wieder. Jedoch trat Berthold als zweiter Zeuge nach Eberhard von Flavon auf, also ist anzunehmen, dass es sich hierbei bereits um einen angesehenen Familiennamen handelte.

Im 12. Jahrhundert finden wir noch weitere vereinzelte Thunmitglieder, welche jedoch aus Mangel an Quellen, wie auch bei Berthold, nicht in eine gesicherte Stammesfolge eingebaut werden können. So etwa ein Pietro di Tonno im Jahre 1165, der als Zeuge bei dem Testament der Beatrice d’Este fungiert haben soll [18],[break] oder die Brüder Adelperus und Anselmus , welche zusammen auf einer Urkunde des Domkapitels Trient aus dem Jahre 1170 [19] erscheinen. Da sie zur selben Zeit wie Bertoldus gelebt haben, ist anzunehmen, dass es sich dabei um engere Verwandte handeln muss (Neffen, Brüder, etc.). Zusammenhängender werden die Namen aus der Familie, sobald Personen des Öfteren in Urkunden (im Umkreis von Trient) erscheinen, im besten Falle mit Angabe des Vaters.

Bei diesen ersten Erwähnungen treten die diversen Familienmitglieder meist als Zeugen eines Rechtsaktes auf. Es gibt zwar wenige soziologische Untersuchungen zur Reihung der Zeugen einer Urkunde im früheren Mittelalter[20], man kann jedoch durchaus sagen, dass die Rangordnung in der Zeugenreihe auch Ausdruck von Ansehen war. Regional zeigen Untersuchungen, dass auch in Alttirol eine Reihung nach Rangordnung nicht ungewöhnlich, jedoch nicht ausschließlich war.[21]

Die Vertreter der Familie Thun sind in den Quellen des 12. Jahrhunderts, vorne an Bertoldus in der Stiftungsurkunde von St. Michael an der Etsch und später bei der Urkunde aus Riva, durchwegs unter den ersten Zeugen zu finden[22], was annehmen lässt, dass diese Personen bereits in der Mitte des 12. Jahrhunderts als anerkannt und ehrenwert galten, was zum Schluss führt, dass auch die Familie hohes Ansehen im Trentiner Raum genoss.

Wie groß die Familie damals bereits war, vermag man heute nicht mehr zu beantworten. Anzumerken ist lediglich, dass in der „carta de collonellis“ von 1190 [23], bei der Bischof Konrad von Trient für den Römerzug Kaiser Heinrichs VI. fünf Heeresgruppen zusammenstellt, die Familie der Thun als vierte Gruppe „illi de Tun“ (jene der Thun) mit den Herren von Ivano und Flavon, Rumo und Spaur genannt wurde. Diese Redewendung „illi de“ wird speziell in dieser Urkunde im Unterschied zum Begriff „domus“ verwendet, einige wenige werden hingegen ohne eine Spezifizierung, also mit bloßem Namen, angegeben. „Domus“ wurde im Mittelalter als größerer Haushalt verstanden, welcher nicht nur die Kernfamilie, sondern auch weitere Familienmitglieder, Knechte und Mägde mit einbezieht. Die Bezeichnung „illi de“ soll deshalb einen Unterschied zu diesem beschreiben, zumal domus als Begriff etabliert war. Dabei handelt es sich sehr wahrscheinlich um eine kleinere familiäre Gemeinschaft. [24] Somit kann man annehmen, dass die Familie Thun in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts zwar eine größere Familie mit gewissem Ansehen war, jedoch noch nicht den Status eines „domus“ erreicht hatte. Leider gibt es aus dieser Zeit im Raum Trient nicht genügend Quellenmaterial um eine umfassende sozialgeschichtliche Studie anzufertigen und auch letzte Zweifel auszuräumen. Mit Sicherheit zeugt die carta de colonellis jedoch von der Wichtigkeit der Familie bereits zu diesem Zeitpunkt, zumal sie als Führer der vierten Heeressäule (der des Nonstales) genannt werden.

Ab dem Zeitpunkt dieser berühmten carta dei colonelli wird die Quellenlage um die Familie Thun dichter. Eine ununterbrochene Stammesreihe lässt sich seit Manfredinus festmachen. Dieser wird in einer Urkunde des Bischofs Albert von Trient von 1187 als Zeuge erwähnt. [25] 1199 folgt eine weitere Erwähnung dieses Manfredinus neben seinem Bruder Albertinus de Tonno in einer für die Familiengeschichte überaus wichtigen bischöflichen Urkunde von 1199: Die Familienvertreter wurden mit der Anhöhe Vision bei dem Engpass Rocchetta belehnt, um dort ein Schloss, welches zum ersten Stammsitz der Thuns werden sollte, bauen zu können. [26] Albertinus wird bei der Belehnungsurkunde als erster genannt und ist somit vermutlich der ältere der beiden Brüder, allerdings reicht seine Linie nur bis Anfang des 14. Jahrhunderts. Manfredinus und seine direkten Nachkommen hingegen werden als Stammväter der Familie Thun angesehen.

Als dritter Empfänger der Belehnung wird ein Liutus de Marostega angeführt, welcher vielleicht ein Schwager der Beiden war. Alle drei empfangen die Belehnung allerdings nicht nur für sich, sondern auch für die vermutlich noch minderjährigen Brunatus , Petrus , Adelperus und Ottolinus . Nur bei Letzterem und dessen Vater Marsilius , welcher zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war, ist auf den ersten Blick gesichert, dass er von der Familie Thun abstammt („[…] nec non et Ottolini, quondam Marsilii, de suprascripto loco Tonni […]“). Da sich aber sei es ein Brunatus, als auch ein Petrus und Adelperus in anderen Dokumenten finden, ist anzunehmen, dass sich die Bezeichnung „de loco […] Tonni“ auf alle angeführten Personen bezieht.

Pinamonti, der des Öfteren auf Dokumente zugreifen konnte, welche heute verloren sind, führt ein Hörigkeitsbekenntniss aus dem Jahre 1218 an [27], bei welchem Manfredinus und Brunatus als Eigentümer der Leute des Herrn Pellegrini de Tegnarolo genannt werden. Dies würde nicht nur bedeuten, dass Manfredinus, welcher heute an die Spitze des Thun’schen Stammbaums gesetzt wird, 1218 noch lebte, sondern auch, dass die Familie Thun bereits Anfang des 13. Jahrhunderts Besitzungen hatten, welche über das Nonstal hinausreichten.

Manfredinus hatte einen Sohn namens Warimbert I. , bei welchem die Quellenlage deutlich dichter wird. Diese zeigt, dass in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts dieser Warimbert die Familie nach außen hin vertrat: neben dem Auftreten als Zeuge bei diversen Belehnungen, war er als Vasall des Bischofs bei Lehensgerichten, Befehlsverordnungen u.Ä. anwesend. [28]

Der Besitz des Geschlechtes scheint ursprünglich nicht sehr groß gewesen zu sein, so standen die Thuns anfangs als Vasallen den Grafen von Flavon und Eppan in Lehen. Die Familie scheint bereits einiges an Reichtum angesammelt haben, zum Beispiel erhielt Bischof Egno von Trient aus dem Hause Eppan im Jahre 1261 von Oldericus und Enricus de Visione [29] ein ansehnliches Darlehen. [30] Dennoch konnte die Familie erst nach dem Aussterben des Eppaner Geschlechtes [31] richtig aufblühen, da sie die Lehen, die sie ursprünglich von den Grafen von Eppan empfingen, vom Bischof oder dem Landesfürsten erhalten konnten und somit als Ministerialen in den Dienst des Bischofs traten.

[MT] Lesen Sie >hier< etwas über den Aufstieg der Familie Thun.

 

[1] Vgl. hierfür Giuseppe Pinamonti, Memorie intorno la famiglia de’ Signori di Tono ora conti di Thunn, Milano 1839; Legis Glückselig, Denkwürdigkeiten des Grafenhauses Thun-Hohenstein, Prag 1866; Carl Ausserer, Der Adel des Nonsberges. Mit 72 Abbildungen von Schlössern, Wappen und Siegeln, in: Jahrbuch der k. k. heraldischen Gesellschaft „Adler“, Wien 1899; Edmund Langer/Rudolf Rich, Mittelalterliche Hausgeschichte der edlen Familie Thun (8 Bände), Wien 1904-1910.
[2] Vgl. Ausserer, Der Adel des Nonsberges, S. 43.
[3] Der Name „Vigo“ stammt vermutlich von „vicus“ für Gehöft bzw. Dorf ab, später wurde dann aus „vicus Toni“ einfach „vicus/Vigo“.
[4] Vgl. Pinamonti, Memorie, S. 10.
[5] Vgl. z.B. die Straßen „via S. Margherita“ oder „via Tor di Visione“, die „localitá Castelletto“ (kleines Schloss).
[6] Lesen Sie hierfür auch den Lexikonartikel Etymologie - der Name "Thun"
[7] Gründungsschrift vom 28. März 1407 abgedruckt bei: Jakob A. Brandis, Geschichte der Landeshauptleute von Tirol, Innsbruck 1850, S. 156-162.
[8] Vgl. Quirino Bezzi, La storia della Val di Sole, S. 139.
[9] Testament des Dominikus de Marchis vom 13. April 1127, erwähnt bei Bartolomeo Del Pero, Geschichte des Hospizes auf dem Tonalepaß (Der Schlern 14) 1933, 288-289, hier S. 288.
[10] Vgl. Gian Maria Varanini, Itinerari commerciali secondari nel Trentino bassomedievale, in: Die Erschließung des Alpenraumes für den Verkehr im Mittelalter und der frühen Neuzeit. L’apertura dell’area alpina all traffico nel medioevo e nella prima era moderna (Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer, Hrsg. von der Kommission III Kultur, Berichte der Historikertagungen 7), Bozen 1996, S.101-128, hier S. 108-109; für die Geschichte des Hospizes S. Bartolomeo immer noch grundlegend, jedoch dürftig: Bartolomeo Del Pero, Geschichte des Hospizes auf dem Tonalepaß (Der Schlern 14) 1933, 288-289.
[11] Vgl. Josef Egger, Geschichte Tirols von den ältesten Zeiten bis in die Neuzeit, Innsbruck 1880, S. 264.
[13] Vgl. Hektor Ammann, Die Anfänge der Stadt Thun (Sonderdruck aus der „Zeitschrift für Schweizerische Geschichte“ XIII. Jahrgang Heft 3 1933), S. 7-8.
[14] Grundlegend für die Entwicklung des Nonsberger Adels vgl. Ausserer, Der Adel des Nonsberges.
[15] Vgl. Armando Friedenfels, Gloriosus Sanctus Romedius ex comitibus […] nec non gloriosa domus comitum de Thun [..], Prag 1699, S. 7; Friedenfels war bereits zu seiner Zeit als Panegyrist bekannt, wurde jedoch selbst in wissenschaftlichen Zeitschriften wie der Acta Eruditorum hoch gelobt, dabei wurden seine unfundierten Erkenntnisse zur Geschichte der Familie Thun in dieser Zeitschrift übernommen: vgl. Acta Eruditorum, Lips.4 (1703), S. 68-71.
[16] Stiftungsurkunde der Kirche St. Michael an der Etsch vom 29. Sept. 1145, abgedruckt bei: Joseph Freiherr von Hormayr, Geschichte der gefürsteten Grafschaft Tirol (Erster Theil. Zweite Abteilung), Tübingen 1808, S. 68-69. Die Urkunde ist im Original nicht mehr erhalten. Eine zweite Abschrift findet sich bei Bernedetto Bonelli, Notizie istorico-critiche della chiesa di Trento, Trient 1760, S. 391-392; Bonelli transkribiert allerdings Pertoldus de Tunne.
[17] Urkunde von 4. April 1155 in Riva, abgedruckt bei Rudolf Kink, Codex Wangianus. Urkundenbuch des Hochstiftes Trient (Fontes Rerum Austriacum 2,5), Wien 1825 (photografischer Nachdruck), S. 21-24.
[18] Vgl. Ludovico A. Muratori, Delle Antichità Estensi, Bd.II, o.O. 1740, zit. bei Pinamonti, S. 23.
[19] 13. August 1170 in Trient, gedruckt bei: Emanuele Curzel (Hrsg.), I documenti del capitolo della cattedrale di Trento. Regesti (1147-1303) (Rerum Tridentinarum Fontes VI), S.58, Nr.3.
[20] Vgl. hierfür grundlegend Julius Ficker, Vom Reichsfuerstenstande. Forschungen zur Geschichte der Reichsverfassung zunaechst im XII. und XIII. Jahrhunderte, Band I, Innsbruck 1861, S. 155-184; Heinrich Fichtenau, Die Reihung der Zeugen in Urkunden des frühen Mittelalters, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung (MIÖG), Band 87, Wien/Köln/Graz 1979, S. 302-315.
[21] Vgl. hierfür für den Trentiner Raum die umfassende Untersuchung von Marco Bettotti, La nobiltà trentina nel medioevo (metà XII - metà XV secolo), Bologna 2002.
[22] Bei der erwähnten Stiftungsurkunde wird Bertoldus de Tunne sogar als zweiter Zeuge nach Eberhard Graf von Flavon (Heberhardus Comes de flaume) angeführt.
[23] Urkunde von 18. Juli 1190 in Trient: Kink, Codex Wangianus, S. 102-104, Nr. 40.
[24] Vgl. Bettotti, La nobiltà trentina nel medioevo. Bettotti untersucht hier anhand der Urkunden aus dem 12. Jahrhundert, vor allem dem Codex Wangianus, die Begrifflichkeiten im Umgang mit Adel und dessen Umfeld, vgl. S. 133-135.
[25] Urkunde von 18. Juni 1187 in Trient: Kink, Codex Wangianus, S. 67-70, Nr. 26.
[26] Urkunde vom 17. Juli 1199 in Metz (Trentino): Kink, Codex Wangianus, S. 140-142, Nr.64.
[27] Josef von Hippoliti (†1763, Franziskaner bei S. Bernardino, Pergine), Manuskript, zit. bei Edmund Langer, Mittelalterliche Hausgeschichte der edlen Familie Thun, Heft 1, 1. Abteilung. Die Anfänge der Familie Thun, Wien 1904, S. 6.
[28] Um nur einige zu nennen: Belehnungsurkunde von 11. März 1212 in Trient:  Kink, Codex Wangianus, S. 242-244, Nr. 103; Aufforderung/Befehl  Bischofs Albert von Trient zur Stellung eines Ritters für jeden, der ein feudum de colonello besitze vom 23. Mai 1220, abgedruckt bei: Bonelli, Notizie II, S. 552-553.
[29] Im 13. Jahrhundert nannten sich einige Familienmitglieder nach dem Schloss Vision ("de Visione"). Dies wurde nicht immer konsequent eingehalten, weshalb wir heute mit Sicherheit wissen, dass es sich dabei um dieselbe Familie handeln muss.
[30] Gebietsarchiv Litomerice, Teilarchiv Decín Tetschen/Bodenbach, Familienarchiv Thun, Sektion IV, 6, 1-3.
[31] Egno von Eppan (†1273), Fürstbischof von Brixen und später unter Papst Innozenz IV. Fürstbischof von Trient, ist durch seine Seitenwechsel bei dem Streite zwischen Kaiser Friedrich II. und Papst Gregor IX. bekannt geworden. Als er und kurz darauf sein Bruder Gottschalk († ca. 1300), Kanonikus in Trient, starb, starb auch das Geschlecht der Eppaner aus. Vgl. zur Geschichte der Grafen von Eppan Walter Landi, Die Grafen von Eppan. Land und Adel an der Etsch und im Gebirge zwischen 11. und 13. Jahrhundert, Innsbruck 2009.

Gräfin von Waldstein Christiane (1859-1935)

Schriftstellerin

Gräfin Christiane Thun-Salm, geb. Gräfin Waldstein (*12. Juni 1859 in Hirschberg, † 6. Juni 1935 in Hirschberg, katholisch) war Schriftstellerin und verfasste Gedichte, Erzählungen und Theaterstücke.

Familie

Gräfin Christiane stammte aus der kinderreichen Familie des Grafen Ernst Waldstein , Herr auf Wartenberg und dessen zweiter Gemahlin Marie Leopoldine, geb. Prinzessin zu Schwarzenberg , und wurde am 12. Juni 1859 in Hirschberg geboren. Sie wuchs mit ihren Geschwistern Gräfin Anna Eleonore (1853-?), Gräfin Maria Karoline (1855-?), Gräfin Gabriele (1857-1948), Graf Karl (1861-1861) und Graf Adolf (1868-1930) in Hirschberg, Böhmen auf. Ihr Stiefbruder Graf Ernst von Waldstein (1849-1913) [32] heiratete am 18. Mai 1873 Gräfin Franziska Johanna Thun-Hohenstein . Fünf Jahre später gab es erneut eine Waldstein-Thun-Hohenstein’sche Vermählung. Gräfin Christiane heiratete den Bruder ihrer Schwägerin Franziska Johanna, den Grafen Josef Oswald von Thun-Hohenstein , am 3. März 1878 in Prag. Die junge Familie Thun-Hohenstein-Salm-Reifferscheid [33] hatte drei gemeinsame Kinder: Graf Josef Oswald , Graf Adolf Maria und Graf Paul Ernst Karl .

 

Jugend und Ausbildung [34]

Über die Kindheit von Gräfin Christiane ist bisher nichts überliefert. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass ihre Eltern sehr viel Wert auf Bildung legten und den Kindern eine Schulausbildung ermöglichten. Die Gräfin hatte ihre Leidenschaft zu schreiben schon in Jugendjahren entdeckt. Da ihre Begabung von ihrer Familie nicht gern gesehen war, zumal ihr Hervortreten als Schriftstellerin zur damaligen Zeit gesellschaftliche Konflikte mit sich brachte, musste sie ihr Talent oftmals vernachlässigen. Anstatt zu Schreiben kümmerte sie sich um kranke Familienmitglieder. Im Jahr 1891 verfasste die damals 32-jährige Gräfin zwei Einakter, „Ein Maskenball“ sowie „Herr und Diener“, die im Burgtheater Wien aufgeführt wurden.

 

Heirat

Nach der Hochzeit mit dem Grafen Josef Oswald von Thun-Hohenstein lebte die Familie hauptsächlich in ihren Palais in Prag. Die Sommermonate verbrachte sie meistens auf ihren Schlössern [35] in Böhmen während sie im Winter im angemieteten Palais Esterhazy in Wien wohnte. Gräfin Christiane und ihr Gemahl Graf Josef Oswald von Thun-Salm hatten drei Söhne: Ihr ältester Sohn Josef Oswald wurde am 18. Dezember 1878 in Klösterle an der Eger geboren. Zwei Jahre später, am 31. August 1880 kam Adolf Maria ebenfalls in Klösterle zur Welt. Der jüngste Sohn, Paul Ernst Karl wurde am 10. November 1884 in Prag geboren.

 

Schriftstellerische Entwicklung

Im Jahr 1891 verfasste die damals 32-jährige Gräfin zwei Einakter, „Ein Maskenball“ sowie „Herr und Diener“, mit denen sie erstmals auf sich aufmerksam machte. Beide Stücke wurden im Burgtheater in Wien aufgeführt. Drei Jahre später folgte ihr Werk „Erzählungen und Märchen. Was die Großmutter erzählte“. Anlässlich des 60. Regierungsjubiläums des Kaisers Franz Josef I. schrieb Christiane Thun-Salm 1898 das Stück „Des Kaisers Traum“, ein Festspiel in einem Aufzug. [36] Zudem verfasste die junge Schriftstellerin verschiedene Erzählungen und einen Roman [37], der jedoch ungedruckt blieb. Gräfin Christiane-Thun-Salms frühen Werke lassen sich dem österreichischen „Poetischen Realismus“, der sich durch genaues Beobachten und Schildern von Gegebenheiten kennzeichnet und deren Erzählungen sich in einem leicht ironischen und sentimentalen Ton äußern, zuordnen.

 

Die Begegnung mit Hofmannsthal

Im Jahre 1901 lernte die Gräfin den Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal (1874-1929) kennen. Er schätzte sie als Schriftstellerin, bat sie um ihre kritische Stellungnahme zu verschiedenen seiner Werke und wurde durch sie zusätzlich zum Schreiben animiert und inspiriert. Trotz des erheblichen Standesunterschiedes entwickelte sich eine freundschaftliche Beziehung, der sich in ihrem von 1901-1918 andauernden Briefwechsel manifestierte. [38] Zu ihren Freunden und Kritikern zählten nicht nur anderem Hugo von Hofmannsthal, der in Christiane eine Muse sah, sowie die Wiener Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach (1830-1916), auf deren kritisches Urteil die junge Gräfin stets vertraute.

 

Die letzten Jahre

Nach dem Zusammenbruch des Habsburger Reiches zog sich die Gräfin aus der Öffentlichkeit zurück. Als ihr Mann im Jahr 1908 aufgrund eines Schlaganfalls an den Rollstuhl gefesselt war, schränkte sie ihre schriftstellerische Tätigkeit ein und nahm sich liebevoll seiner Pflege an. Und als sie selbst erkrankte, ihr Mann starb und sie in großer Sorge um ihre Söhne, die in den Krieg zogen, war, hörte sie ganz mit der Schreiberei auf, sodass ihr letztes in Angriff genommenes Werk nicht fertiggestellt wurde. Gräfin Christiane Thun-Salm starb am 6. Juni 1935 in Hirschberg.

 

Mitgliedschaften, Auszeichnungen und Ehrungen

Gräfin Christiane Thun-Salm war Palastdame, Mitglied beim Sternkreuzorden und Ehrendame des Malteser-Ritter-Ordens. Sie wurde mit dem Elisabeth-Orden 1. Klasse und mit dem Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet.

 

Rezeption

Gräfin Christian Thun-Salm hielt sich vermehrt in künstlerischen Kreisen auf, schloss Freundschaften, knüpfte Kontakte und nutzte verschiedenste Momente, dem Schreiben nachzugehen. Als weibliche Schriftstellerin weist sie für die damalige Zeit eine beachtliche Bibliographie auf.

 

Bibliographie

  • Ein Maskenball. Ein Dramolet in einem Act, Wien 1891.
  • Herr und Diener. Dramolet in einem Act, Wien 1891.
  • Was die Großmutter erzählte. Märchen und Erzählungen, Wien 1894.
  • Des Kaisers Traum., Festspiel in einem Aufzuge, Wien 1898.
  • Die Lotterie. Eine Erzählung in Briefen, in: Deutsche Arbeit.
  • Monatsschrift für das geistige Leben der Deutschen in Böhmen, hrsg. im Auftrag der Gesellschaft zur Förderung der deutschen Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen, 1. Jhg., Oktober 1901-September 1902, S. 230-240.
  • Der neue Hauslehrer und andere Novellen, Wien-Leipzig 1909.

 

Typoskripte

  • Am Glück vorbei bzw. Drei Jahre.
  • Die Komödien. Komödie in zwei Akten.

 

Ausgewählte Literatur

  • Hofmannsthal, Hugo von, Briefwechsel Hugo von Hofmannsthal – Christiane Gräfin Thun-Salm. Mit Briefen Hofmannstahls an Paul Graf Thun-Hohenstein, hrsg von Moering, Renate, Frankfurt am Main 1999.
  • Wurzbach, Constant von, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, 52. Bd., Wien 1885.

 

Weitere Informationen finden Sie unter den folgenden Links: http://www.navigare.de/hofmannsthal/Thun.html

[1] Graf Ernst von Waldstein (1821-1904) heiratete in erster Ehe Prinzessin Anna zu Schwarzenberg. Die beiden hatten einen Sohn, Ernst von Waldstein (1849-1913).
[2] Am 20. April 1897 erhielt Graf Josef Oswald als Besitzer des Salm-Reifferscheidschen Fideikommisses die Erlaubnis, die beiden Wappen und Namen zu vereinigen. So führte die Familie ab diesem Zeitpunkt den Namen Thun-Hohenstein-Salm-Reifferescheid bzw. Thun-Salm.
[3] Über die Kindheit von Gräfin Christiane ist leider (noch) nichts bekannt. In der Wienbibliothek im Rathaus in Wien gibt es jedoch eine Sammlung, die wichtige Dokumente und Lebensskizzen zu Christiane Thun-Salm enthalten. Leider war es bis zu Projektende nicht möglich, diesen Bestand anzusehen und zu untersuchen.
[4] Graf Josef Oswald von Thun-Hohenstein war Herr auf Klösterle, Sehuschitz, Bensen und Hainspach.
[5] Das Stück wurde am 2. Dezember 1898 in der Wiener Hofoper aufgeführt.
[6] Der Roman wurde bis heute nicht gefunden.
[7] Die Korrespondenz zwischen Hugo von Hofmannsthal und Gräfin Christiane Thun-Salm wurde von Renate Moering gesammelt und im Werk „Briefwechsel Hugo von Hofmannsthal-Christiane Gräfin Thun-Salm. Mit Briefen Hofmannsthals an Paul Graf Thun-Hohenstein, Frankfurt am Main 1999, publiziert.